Bildungsministerin für Handyverbot in Kita und Grundschule
In ihrem Interview mit der BILD-Zeitung plädierte die Ministerin vor einigen Tagen für das Vorlesen und Märchenerzählen als Alternative zum Bildschirm. "Bildung beginnt in ganz frühen Jahren zu Hause. Die Eltern müssen mit den Kindern sprechen, mit ihnen spielen und am besten jeden Abend zehn Minuten vorlesen. Ich bin ein großer Fan von Märchen."
Auch Erwachsene sollten sich beim Gebrauch digitaler Geräte eine größere Zurückhaltung auferlegen, wegen der Vorbildwirkung: "Insgesamt sitzen auch Erwachsene zu viel am Handy und Tablett. Das färbt auf die Jüngsten ab. In der Kita haben Smartphones nichts zu suchen. Wenn es nach mir ginge, müssten sie dort ganz draußen bleiben. Ein Kindergartenkind braucht kein Smartphone. Auch für die Grundschule denke ich, dass wir ein generelles Handynutzungsverbot ins Auge fassen sollten." Als Beschäftigung empfiehlt sie stattdessen: "Kinderturnen, Fahrradfahren, Spielplatz." Und in den Grundschulen müssten die elementaren Fähigkeiten des Lesens, Schreibens und Rechnens gefördert werden.
Susanne Gaschke begrüßt in der NZZ den Vorstoß und geht noch einen Schritt weiter: "Priens Initiative könnte auch ein Anlass für eine weitere, grundlegende Debatte sein: Welche Rolle sollen digitale Medien und Verfahren überhaupt im Unterricht spielen? Sind Lern-Apps und vom Algorithmus individualisierte digitale Aufgaben nicht segensreich?"
Und sie kritisiert den "Tunnelblick" deutscher Bildungsforscher: "Sie ignorieren weitgehend die kritischen Stimmen, vor allem aus den USA, die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation oder auch die Erkenntnisse des renommierten schwedischen Karolinska-Instituts, die allesamt einen zurückhaltenden Umgang mit digitalen Unterrichtsverfahren nahelegen." Von diesem Tunnelblick zeugt ihrer Ansicht nach auch die Ständige Wissenschaftliche Kommission der deutschen Kultusministerkonferenz, die vorschlage, die Kitas mit digitaler Technik auszustatten.
"Karin Prien", so Gaschke, "sollte ihre Kolleginnen und Kollegen in der Kultusministerkonferenz auffordern, die ideologische Ausrichtung des Expertengremiums genauer unter die Lupe zu nehmen – und den skeptischen frühpädagogischen Fachkräften sowie engagierten Lehrern den Rücken stärken. Es geht um die Entwicklungs- und Bildungsinteressen der Kinder ...".
Man könnte angesichts des immensen Drucks zugunsten der Digitalisierung weltweit (Geld, Gesundheitswesen, Arbeitsprozesse, Sicherheit, Künstliche Intelligenz, Transhumanismus) sogar noch weitergehen und die Frage aufwerfen: Welche Rolle sollen digitale Medien und Verfahren überhaupt in unserer Lebenswelt spielen? Schadet der digitale Hype der Gesellschaft mehr, als er ihr nützt?