Bewegung und Ernährung am Anfang der Schulzeit
Das von Tessin-Zentrum für Gesundheit und Pädagogik veranstaltete in Kooperation mit der Akademie für Anthroposophische Medizin am 15. März 2024 im Lindenmuseum in Stuttgart einen Kongress zu brennenden Themen der Kindergesundheit. Bewegung und Ernährung am Anfang der Schulzeit sind hochgradig relevant und prägend für gesundes Verhalten und Entwicklung.
Dr. Karin Michael und Prof. Dr. Tomas Zdrazil vom von Tessin-Zentrum sowie Dr. Jan Vagedes von der Akademie der GAÄD begrüßten die rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, größtenteils angehende Lehrerinnen und Lehrer der Freien Hochschule Stuttgart.
In den folgenden Kurzreferaten schilderte zuerst Adelheid Heitz, Leiterin der Adipositas-Beratungsstelle am Gesundheitsamt der Stadt Stuttgart, eindrücklich die bedenkliche Zunahme übergewichtiger Kinder. Mit niederschwelligen Angeboten wird versucht, dieser Entwicklung durch Aufklärung und Verhaltensänderungen entgegenzuwirken. Rund jedes zehnte Kind in Stuttgart ist übergewichtig; betroffen sind vor allem Kinder mit Migrationshintergrund und in sozialen Brennpunkten; die psychosozialen Indikatoren sind Schulschwierigkeiten, Mobbing und ein problematisches soziales Umfeld.
Prof. Dr. Ina Hunger von der Universität Göttingen schloss an mit einer Darstellung zu dem Thema: "Den Körper zum Verbündeten gewinnen – Wie Lernen in Bewegung gelingt". Sie betonte, dass dem natürlichen Bewegungs- und Explorationsbedürfnis der Kinder von Anfang an mehr und durchaus auch riskanter Freiraum zugestanden werden muss, denn Bewegung ist für eine gesunde Entwicklung des Kindes und nicht zuletzt für das Lernen von grundlegender Bedeutung. Sich auf seinen Körper verlassen zu können, vermittelt Daseinssicherheit und hilft, Ängste zu bewältigen. In dieser Hinsicht erfahren belastete Familien eine systematische Benachteiligung und bedürften gezielter schulischer Unterstützungsangebote.
Prof. Dr. Heiner Barz von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf verwies in seiner folgenden Ausführung zum Thema "Pädagogik als ganzheitliche Prävention" auf die Gefahr eines "Präventionsinfarktes". Es müsse vielmehr um eine Entschulung von Schule (Ivan Illich) und eine Gesellschaft gehen, die uns nicht von unserer Gesundheit enteignet und mit dem Mythos des formellen Lernens, wie es in den meisten Bildungseinrichtungen geschieht, aufräumt.
Die Vorstellung von drei Best Practice Projekten zeigte, wie solche Gedanken konkret umgesetzt werden können.
Der Fernsehmoderator Michael Antwerpes stellte die Tübinger Initiative "BewegtEuch" vor, die vor allem sozial benachteiligte Kinder und Familien dabei unterstützt, Bewegungsangebote wahrzunehmen oder Bewegungsprojekte in Kindergarten und Schule "anzuschieben". Nach der Corona-Pandemie ist die Zeitdauer, in der sich Kinder körperlich bewegen, nicht auf das alte Niveau zurückgekehrt; auch Flüchtlingskinder z.B. aus der Ukraine werden gefördert.
Barbara Horwedel, Landwirtin und Küchenchefin der Freien Waldorfschule Freiburg-St. Georgen, stellte das Küchen- und Koch-Konzept ihrer Schule vor und begeisterte das Publikum mit Ideen ihren Ideen für den "Begegnungsort Schulküche". Ihr Anliegen ist es, die Schülerinnen und Schüler nach dem Konzept der Planetary Health Diet nachhaltig und gesund zu ernähren; dafür wird die Schulküche von der Schule finanziell unterstützt und die Schülerinnen und Schüler werden über den Unterricht stärker in das "Küchengeschehen" einbezogen, "weil es dort viel fürs Leben zu lernen gibt und gute Ernährungsgewohnheiten angelegt werden können".
Dr. Ernst Fritz-Schubert ist der "Erfinder" des Schulfachs "Glück", denn – so sein Fazit – glückliche Schülerinnen und Schüler lernen besser. Lernziel ist die Stärkung des Wohlbefindens. Das von ihm begründete Fritz-Schubert-Institut für Persönlichkeitsentwicklung bildet pro Jahr rund 500 Lehrerinnen und Lehrer zu "Glückslehrern" aus.
Prof. Dr. David Martin von der Universität Witten-Herdecke brachte mit Klatsch-, Rhythmus und Koordinationsübungen Bewegung in das Auditorium und führte aus, wie essentiell und elementar die Erfahrungen in der Natur für die gesunde psychomotorische Entwicklung ist. Dazu gehöre für die Kinder mindestens einmal in der Woche das freie Spiel in der Natur. Schule soll nicht Stätte der Wissensvermittlung, sondern Ort der Gemeinschafts- und kulturellen Bildung sein, ein Ort, an dem man schlicht gerne ist.
Auf dem von Dr. Jan Vagedes moderierten Podium am Nachmittag mit Dr. Andreas Oberle vom Sozialpädiatrischen Zentrum im Klinikum Stuttgart, Dr. Karin Michael, Dr. Ernst Fritz Schubert, Dr. Silke Schwarz und Henrike Nockemann, Sonderpädagogin und Grundschullehrerin an der Schrabergschule in Herdecke, diskutierte man das Thema "Gesunde Schule der Zukunft" und die Vor- und Nachteile sowohl des staatlichen als auch Waldorfschulsystems.
Umrahmt wurde die spannende Tagung von leckerem, gesundem Essen und guter Stimmung – so, wie man es sich auch an jeder Schule wünschen würde. Die vielen jungen Besucherinnen und Besucher des Kongresses mögen starke Impulse für ihre Schule der Zukunft mitnehmen!