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Bildungswissenschaftler fordern mehr Bewegung in der Schule

| Redaktion

Nils Neuber und Klaus Zierer plädieren in der FAZ für eine erlebnispädagogische Wende an den deutschen Grundschulen. 

Um die Bildungskatastrophe an den deutschen Grundschulen zu beheben, die jüngst die Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz bestätigte, fordern Nils Neuber von der Universität Münster und Klaus Zierer von der Universität Augsburg nicht noch mehr Bildungsstandards und Kernkompetenzen, mehr Daten und Evaluationen, die schon in der Vergangenheit nicht geholfen haben.

Sie fordern insbesondere für die 20–25 Prozent "ohnehin Abgehängten", aber auch alle Übrigen, "neue Zugänge zum Lernen". Der durch den coronabedingten Lernverlust verschärften Situation müsse mit "mehr Lehrerprofessionalität und Zeit" begegnet werden. 

Die Kinder bräuchten insbesondere mehr "Erleben in der Gruppe, Spiel und Interaktion, Bewegung und Sport, Kunst und Musik, Naturerlebnisse und handwerkliche Tätigkeiten". Darüber hinaus müssten sie "Zugehörigkeit und Anerkennung, Selbstwirksamkeit und Erfolg" erleben – gerade in der Schule. Dies könne beispielsweise "durch erlebnispädagogische Aufgaben" erfolgen, die nur im Team zu lösen seien. Bildung umfasse nicht nur intellektuelle Fähigkeiten wie mathematische, naturwissenschaftliche und sprachliche Kompetenzen, sondern "den ganzen Menschen". Der Mensch sei "mehr als sein Kopf", schreiben die Autoren, er sei "eine Leib-Seele-Geist-Einheit". "Leiblichkeit und Bewegung" seien daher unhintergehbare Grundprinzipien von Bildung. Bewegung könne Wohlbefinden und Gesundheit unterstützen und soziale Fähigkeiten spielerisch ansprechen.

Die beiden Professoren weisen auch auf die sozial heilsamen Wirkungen von Pausenhof- oder Gruppenspielen im Sportunterricht hin. Bewegung fördere außerdem die kognitive Entwicklung der Kinder. In "Visible Learning", dem größten Datensatz der empirischen Bildungsforschung, wiesen allein zwanzig Metaanalysen auf diesen positiven Zusammenhang hin. Die Schule von heute benötige nicht noch mehr Deutsch und Mathematik, sondern mehr Bewegung. Dazu erforderlich seien nicht nur "bewegungsfreundliche" Schulgebäude und Schulhöfe, "vielseitige Bewegungsangebote" im Unterricht, "bewegte Schulfeste und Klassenfahrten", sondern auch "bewegtes Lernen" im Fachunterricht. Die beiden führenden Bildungsforscher fordern eine "kindgerechte Rhythmisierung des Unterrichts" durch "bewegtes Lernen und bewegte Pausen" bis hin zu "bewegliche Organisationsstrukturen".

Nachzulesen in der FAZ vom 10.03.2023 in der Rubrik "Fremde Feder".