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Kinder in der Pandemie

| Redaktion

Bei der Anhörung des Bundesverfassungsgerichts zur "Bundesnotbremse" spielte u.a. eine Stellungnahme des Instituts für Virologie der Charité eine Rolle.

Die Stellungnahme wird von Prof. Dr. med. Ursel Heudorf im Hessischen Ärzteblatt kritisiert (Online-Ausgabe 5/2022).

Am 23. April 2021 trat mit dem Vierten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite die sogenannte Bundesnotbremse in Kraft. Sie untersagte bundesweit Präsenzunterricht in Gemeinden mit einer 7-Tagesinzidenz über 165/100.000. Während die Menschenrechtskommissarin des Europarats die in Deutschland erfolgte Zurücksetzung von Kindern und Jugendlichen durch Schulschließungen, eingeschränkten Schulbetrieb, Maskentragepflichten und Pflicht-Testungen kritisierte, und die weit über das Ziel hinausschießenden Maßnahmen auch von Pädiatrischen Fachgesellschaften und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene kritisiert wurden, kam das Bundesverfassungsgericht zum Schluss, die Regelung sei zulässig gewesen.

Gestützt auf die Stellungnahme der Charité argumentierte das Bundesverfassungsgericht, es habe kein Mittel zur Verfügung gestanden, das weniger einschneidend, aber gleich wirksam wie Schulschließungen gewesen sei. Das Gericht setzte sich dabei über die anderslautenden Auffassungen vieler Fachgesellschaften und des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hinweg.

Heudorf schließt sich der Kritik des in das Verfahren involvierten Gutachters Prof. Dr. med. Stefan N. Willich an. Die Stellungnahme der Charité berücksichtige den wissenschaftlichen Forschungsstand nicht ausreichend, gebe die Ergebnisse der wenigen, ausgewählten Untersuchungen, denen sie Beachtung schenke, fehlerhaft wieder, begehe erhebliche methodische Fehler und ziehe epidemiologisch und statistisch nicht nachvollziehbare Schlussfolgerungen.

Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene schließt sich der Kritik Heudorfs an. Die Entscheidung des BVerfG zur Verhältnismäßigkeit der Bundesnotbremse im Hinblick auf Kinder und Schulen, schreiben die Autoren, sei aus medizinischer (v.a. pädiatrischer) und wissenschaftlicher Sicht fragwürdig, weil sie sich auf ein unzureichendes Gutachten der Charité stütze. Wichtige Aspekte der anderen Gutachten und Mängel der Stellungnahme des Instituts für Virologie der Charité würden nicht gewürdigt, obwohl das Gericht auf diese Widersprüche und Fehler hingewiesen worden sei.

Stellungnahme Heudorf

Stellungnahme DGKH