Zum Hauptinhalt springen

Wie ging es Waldorfeltern und ihren Kindern in der dritten Welle der COVID-Pandemie?

| Redaktion

Schulschließungen und Homeschooling stellten eine erhebliche Belastung für schulpflichtige Kinder und ihre Eltern dar.

Am 8.3.2023 erschien eine Publikation*, an der unter der Leitung von Dr. med. Jan Vagedes (Universität Tübingen und Arcim-Institut Filderklinik) auch Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Autorin der Copsy-Studie), Dr. med. Karin Michael und Prof. Dr. Tomas Zdrazil (von Tessin Zentrum für Gesundheit und Pädagogik) mitgearbeitet haben.

In einer Querschnittsbefragung wurde untersucht, wie sich Schulschließungen auf die Gesundheit von Waldorfeltern und ihrer Kinder ausgewirkt haben.

Während der COVID-19-Pandemie, insbesondere während der Massenquarantänen und des Hausunterrichts, waren Eltern und Kinder erheblichen zusätzlichen Anforderungen ausgesetzt, die zu einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit und einem erhöhten Unterstützungsbedarf führten.

In mehreren Studien wurden die Auswirkungen der Pandemie und der Schulschließungen auf Eltern und ihre Kinder, die Schwierigkeiten der Eltern und die von ihnen benötigte Unterstützung untersucht.

  • In einer australischen Studie wurde ein Zusammenhang zwischen der von den Eltern wahrgenommenen Unterstützung durch die Schule während des Heimunterrichts und dem Grad ihrer psychischen Belastung und ihres Wohlbefindens festgestellt.
  • Einige Autoren berichten von positiven Erfahrungen mit Schulschließungen und Fernunterricht, den sie als Perspektive für eine zukunftsorientierte moderne Schulbildung sehen.
  • Für die Mehrheit der Familien scheinen jedoch die negativen Auswirkungen der pandemiebedingten Einschränkungen im Vordergrund zu stehen. In einer europaweiten Studie wurde bei 6720 Eltern aus sieben europäischen Ländern festgestellt, dass sie während des Homeschoolings überwiegend unter erhöhtem psychischen Stress litten, wenig Unterstützung durch die Schulen erfahren und insgesamt eher negative Erfahrungen mit Homeschooling gemacht haben.

Für die Kinder und Jugendlichen bedeuteten soziale Distanzierung und Homeschooling einen tiefen Einschnitt in die sensible Phase der Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung im Kontext des sozialen Umfelds. Dies blieb nicht ohne Folgen.

In Deutschland wurde die COPSY-Studie, eine bevölkerungsbasierte Längsschnittstudie zur Untersuchung der Auswirkungen der Pandemie auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Alter von 7 bis 17 Jahren durchgeführt. Um die drei bisherigen Wellen der Pandemie zu erfassen, wurden vom 05. bis 06. 2020, vom 12. bis 01. 2021 und vom 09. bis 10. 2021 durch Selbstauskünfte und Elternbefragungen Daten erhoben. Die Studienergebnisse deuten auf eine erhebliche Verschlechterung der psychischen Gesundheit der Kinder im Vergleich zu den Werten vor der Pandemie und auf erheblichen pandemiebedingten Stress für die Eltern hin.

Um die Situation von Waldorfschulfamilien in Deutschland während der Pandemie zu beleuchten, haben zwölf Spezialisten aus acht deutschen Universitäten bzw. Krankenhäusern durch eine Online-Querschnittsbefragung Daten zum Unterstützungsbedarf der Eltern während der dritten Welle der Pandemie erhoben. Zusätzlich wurden die Eltern befragt, wie sie die die gesundheitsbezogene Lebensqualität ihrer Kinder bewerten.

Im Vergleich zur repräsentativen COPSY-Studienpopulation äußerten Waldorf-Eltern einen wesentlich höheren Bedarf an Unterstützung. Sie wünschten sich diese Unterstützung vor allem von der Schule und den Lehrern. Eine Schule mit einem besonderen pädagogischen Konzept wie die Waldorfschule, so die Autoren, sollte damit rechnen, hohe Erwartungen der Eltern zu erfüllen und auf einen erhöhten elterlichen Unterstützungsbedarf in Zeiten mit Schulschließungen und Homeschooling vorbereitet sein. Die Waldorfeltern in der vorliegenden Studie äußerten einen relativ hohen Unterstützungsbedarf in Bezug auf psychosoziale Fragen in der Familie während der dritten Welle der Pandemie. Auch in der COPSY-Studie nahm der Bedarf in diesem Bereich über die drei Wellen hinweg zu.

Die Ergebnisse aus der Erhebung über die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die psychische Gesundheit der Kinder waren in der Waldorf-Stichprobe besser als in der COPSY-Stichprobe der dritten Welle. Trotz eines Anstiegs in der COPSY-Stichprobe über die drei Wellen hinweg erreichte jedoch keine der beiden Stichproben den Wert der deutschen nationalen Normdaten für 8-18-jährige Kinder.

Eine Empfehlung geben die Autoren am Ende: Die hohe Belastung der Familien durch Schutzmaßnahmen sollte bei zukünftigen pandemiepolitischen Entscheidungen noch stärker in den Fokus der Entscheidungsträger rücken.

Die Studienergebnisse sind, wie meist bei solchen Befragungen, von beschränkter Aussagekraft.

* Die Publikation mit dem Titel "Lessons Learned – The Impact of the Third Wave of the COVID-19 Pandemic on German Waldorf Parents’ Support Needs and Their Rating of Children’s Health-Related Quality of Life: A Cross-Sectional Online Survey" erschien im International Journal of Environmental Research and Public Health und ist peer reviewed.

Originalveröffentlichung