Zunahme psychischer Erkrankungen in jungen Jahren
Professor Gerd Schulte-Körne, Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am LMU Klinikum München, warnt in einem Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen vor zu später Diagnose psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Besonders Essstörungen sind seit der Corona-Pandemie stark angestiegen, beeinflusst durch soziale Medien, die krankheitsverstärkend wirken können.
Schulte-Körne fordert mehr Aufklärung und Prävention, etwa durch Integration von mentaler Gesundheit in den Schulunterricht. Kinder und Jugendliche benötigen mehr analoge, kreative Angebote wie Kunst und Musik ohne Leistungsdruck, um ihre emotionale Gesundheit zu fördern. Sparmaßnahmen im Kulturbereich und bei Kindern sieht er als problematisch für die psychosoziale Gesundheit. Er beobachtet eine Zunahme schwerer psychischer Erkrankungen, wie Persönlichkeitsstörungen und Depressionen, bereits in jungen Jahren.
Die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen führt dazu, dass viele Familien aus Angst vor Nachteilen keine Hilfe suchen. Schulte-Körne betont, dass psychisch kranke Jugendliche in die Mitte der Gesellschaft gehören und nicht an den Rand gedrängt werden dürfen. Globale Krisen belasten Kinder stark, oft ohne dass mit ihnen darüber gesprochen wird. Eltern sollten auf anhaltende Verhaltensänderungen achten, wie Rückzug, Traurigkeit oder Stressreaktionen ohne erkennbaren Auslöser.
Ein stärkeres Bewusstsein für psychische Erkrankungen ist nötig, um frühzeitig zu handeln, ähnlich wie bei körperlichen Symptomen. Schulte-Körne plädiert für eine bessere Aufklärung über den Umgang mit sozialen Medien und Suchtmitteln. Statt auf Altersbeschränkungen für soziale Medien, setzt er auf Prävention.