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Schlaf und Lernen

Karin Michael |

Skizze einer inneren Verwandschaft zwischen Schlaf und Lernfähigkeit, Gedächtnis und Gesundheit.

Wir wissen, wie Schlaf Leistungsvermögen, Lernfähigkeit, Gedächtnis und Gesundheit beeinflusst. Die Pflege von gesundem Schlaf kommt eine bedeutende Rolle in der kindlichen Entwicklung zu. Neuere Forschungsergebnisse zeigen sogar auf, in welchen Schlafphasen eher kognitive, d. h. Wahrnehmung, Denken oder Erkennen betreffende und in welchen eher prozedurale, d. h. Fertigkeiten betreffende Lernprozesse gefördert werden.

Empfehlungen für gesundes Schlafen

Für einen gesunden Schlaf ist es zuallererst wichtig, die Schlafbedingungen so optimal wie möglich zu gestalten. Hierzu gehören:

  • Rhythmus, verlässliche Schlafzeiten
  • Dunkelheit nachts und genug Bewegung am Sonnenlicht tags
    (Melatonin- und Vitamin D-Versorgung)
  • Abendrituale für jüngere Kinder
  • Ruhe und Stille (im Sinne seelischer Gelassenheit und Lärmfreiheit)
  • Sichere Schlafumgebung
  • angemessenes Raumklima, wohlige Wärme
  • Schmerzfreiheit
  • ausreichende und angemessene Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr
  • Entfernung von Störfaktoren aus der Schlafumgebung
    (Smartphones in der Bettumgebung führen sogar noch ausgeschaltet zu gestörtem Schlaf!)
     

Schlafforschung über das Lernen

Die Abfolge Lernen – Schlaf – Wiederholung scheint besonders günstig zu sein. Im Schlaf festigen sich Gedächtnisinhalte. Gedanken und Erinnerungen werden geordnet.

Wiederholung am gleichen Tag ist weniger effektiv und kann bei zu hoher Menge zu rückläufigem Ergebnis führen. Nach einiger Zeit beginnen durch Ermüdung störende Überlagerungsvorgänge.

Ruhepausen (Schlaf) zwichen Wiederholungen verbessern spätestens nach 4 Stunden die  Gedächtnisleistung um bis zu 40% (gegenüber Wiederholung ohne Ruhepause). Das liegt an der Überführung aus dem Kurzzeitgedächtnis in Langzeitgedächtnis im Schlaf und dem gleichzeitigen Ordnen von aufgenommenen Inhalten.

Weniger ist mehr!: Schlaf schützt Erinnerungen vor Überlagerung durch ähnliche Wahrnehmungen oder Lerninhalte, die sonst das zuerst Aufgenommene stören oder gar im Widerspruch dazu treten (Interferenzen). So wird die Festigung von Lerninhalten gefördert (Konsolidierung). Zusätzliche und ähnliche Lerninhalte werden nach Schlaf zum einen besser  erinnert und vorhergehende weniger gelöscht.

Eine Wertung hilft dem Gedächtnis. Wenn also eine gute Lehrerin begeisternd und eindrücklich Bedeutung, Nutzen und Besonderheit eines Themas vermittelt und so einen intensiven Gefühlsbezug dazu herstellt, verankert sich der Stoff nachhaltiger und besser.

Die Entdeckung einer Regel, einer Gesetzmäßigkeit oder eines Prinzips wird durch den Schlaf gefördert, d. h. die Suche oder Frage danach ist eine gute "Hausaufgabe"! Beispielsweise könnte man einen Jugendlichen auffordern, sich am Abend zwei besprochene Aufgaben erneut daraufhin anzusehen, ob sie etwas gemeinsam haben – eine Idee dazu aber erst am Folgetag aufzuschreiben oder vorzutragen.

"Retrieval cues", d. h. "Spurensuchhilfen" nennt man begleitende Eindrücke, die eine Erinnerung besser einprägen und wiederfinden helfen. So können beispielsweise Gerüche oder Farben helfen, eine Gedächtnisspur zu konsolidieren. (Beispiel: Kindheitserinnerung bei Wiedererleben eines bestimmten Geruchs.)

Räumliche Zuordnungen helfen der Erinnerung. Bekannt ist die "mind-map-Technik", bei der man Dinge in einer für einen selber einprägsamen Ordnung für sich aufzeichnet und so deren Erinnerung unterstützt. Auch geographische Elemente, wie die Beschreibung eines Ortes oder das Zeigen des Gebietes auf einer Landkarte zu einer Geschichte oder einem Ereignis können so in allen Unterrichtsfächern hilfreich werden.
 

Zur Autorin:
Dr. med. Karin Michael ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Kindergarten- und Schulärztin und Co-Autorin der Kindersprechstunde.