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Das Zentrum unserer Schule

Die Schüler der Windrather Talschule stehen jeden Tag in der Küche

Anette Walzberg / Ruben von Schwanenflügel

Ein großer, heller Raum erwartet uns. Auf der einen Seite schauen wir durch die vielen Fenster in den Garten und zur Schmiede, auf der anderen Seite erweitert sich der Speiseraum abgetrennt durch das Buffet für die Essensausgabe hin zur Küche. Die ganze Küche kann eingesehen werden! Die Gespräche der Erwachsenen und der Schüler und Schülerinnen, die in der Küche arbeiten, sind zu hören, Töpfe und Teller klappern, die Essensdüfte verraten, ob es Gurkensalat oder Pizza zum Mittag geben wird.

Zurzeit werden in unserer Schulküche 300 Frühstücke und 250 Mittagessen zubereitet. Ein Vollzeitkoch, zwei Teilzeit-Mitarbeiterinnen und ein Mensch mit Behinderung sind fest eingestellt. Verarbeitet werden nur Zutaten bester Bio-Qualität, die sowohl von den umliegenden Demeter-Höfen und dem Schulbauernhof, als auch über den Großhandel bezogen werden. Die Kosten für die Verköstigung werden ebenso wie der Förderbeitrag von der Geschäftsführung mit den Elternhäusern abgerechnet. 17,50 € Frühstück/46,00 € Mittagessen pro Monat.

Tagesablauf

Schon vor Unterrichtsbeginn fängt das Treiben in der Küche an. Jeweils zwei Eltern kommen, um bei der Frühstückszubereitung zu helfen und werden bald von Schülern und Schülerinnen aus den Klassen 1-4 unterstützt. Viele, viele Brote müssen geschmiert werden und schon die Kinder aus der ersten Klasse helfen, noch auf einem Hocker stehend, beim Äpfelschneiden und Belegen der Brote. Wenn alles fertig ist, nehmen sie den Servierwagen, auf dem das Frühstück für ihre Klassenkameraden hergerichtet ist, stolz mit in ihr Klassenzimmer. Hier wird nun aus den Bänken des beweglichen Klassenzimmers ein Frühstückstisch gedeckt, an dem die Klasse gemeinsam das einnehmen wird. Manchmal gibt es auch eine Überraschung: den Weckmann zu St. Martin oder einen Berliner zu Fasching. Dann wissen alle, dass in einem der 250 Berliner Senf war und natürlich muss man in jeder Klasse fragen, wer den erwischt hatte.

Für die älteren Schüler und Schülerinnen wird im Speisesaal ein Frühstücksbuffet hergerichtet. Im Laufe der ersten zweieinhalbstündigen Unterrichtseinheit, die aus künstlerischer Arbeit und dem Epochenunterricht besteht, gibt es eine Pausenzeit, in der alle in den Speisesaal gehen, um dort zu frühstücken. Man trifft sich am Kaffeeautomat … viel zu erzählen gibt es immer …  wirft einen Blick in die Zeitung, unterhält sich mit Schülern und Lehrern aus anderen Klassen oder bekommt noch schnell eine kleine Nachhilfestunde.

Ab 8:00 Uhr beginnt die Zubereitung des Mittagessens. Aus den Klassen 7-10 kommt jeweils ein Schüler oder Schülerin für einen Tag, um zu helfen. Diese Arbeit ist bei den vielen Schülern und Schülerinnen hochbeliebt. Sie wissen, dass das Schülerteam der vergangenen Woche mitgeholfen hat, den Speiseplan zu entwerfen. Die Regeln, die es dabei zu beachten galt, sind einsehbar und werden von ihnen akzeptiert. Zweimal pro Woche gibt es Fleisch, die Beilagen sollen sich nicht wiederholen, es soll immer entweder Salat oder Gemüse geben und abwechslungsreich muss es sein. Viele Schüler und Schülerinnen haben ihr "Windrather-Talschul-Lieblings-Gericht". Eine Sammlung der Gerichte konnte man es schon als Kochbuch auf dem letzten Basar erwerben.

Um 9:30 Uhr haben die SchüleriInnen und Schüler, die in der Küche helfen, eine Stunde Zeit, den Hauptunterricht zu besuchen, um im Strom der Epoche zu bleiben.

So verschieden wie die Schülerinnen und Schüler sind auch die anfallenden Arbeiten in der Schulküche. Oftmals kommen sie schon mit einer genauen Vorstellung von dem, was sie nun tun möchten. So wollte ein Schüler immer und immer wieder sämtliche Zwiebeln schneiden, solange bis er es wirklich konnte. Eine andere übernahm lange Zeit freiwillig und gerne das Spülen, und es gibt auch denjenigen, der tagein tagaus immer wieder mit Hingabe die gleichen Aufgaben übernehmen möchte. Wieder andere lieben die Arbeit an der großen Kippbratpfanne, fragen, "Wie errechne ich die nötige Menge der Stärke für 250 Portionen Pudding?", möchten lernen, Zucker zu karamellisieren und beobachten im Anschluss fasziniert das Eindicken der Milch zum Flammeri. Es gilt zu lernen, die Arbeitsabläufe vollständig durchführen zu können: Zuhören, Erinnern, Einrichten des Arbeitsplatzes, Durchführen. Gelingt dieser Prozess mehr und mehr, erweitert sich das Verständnis für die gesamte Küchenorganisation, einschließlich Planung, Einkauf und Vorratshaltung und das selbstständige Denken wächst.

Ja, so verschieden sind die Menschen und die Arbeiten in der Küche! Jedem darf dabei klar sein, dass er seinen Beitrag leistet, damit das Essen fertig wird. Es motiviert sie zu wissen, etwas Sinnvolles getan und dafür gesorgt zu haben, dass alle um 12:15 Uhr zum Essen kommen können.

Nun ist das Buffet vorbereitet. Man kann frei auswählen, was man haben möchte und bedient sich selbst. Es gibt keine vorbereiteten, standardisierten Tabletts. Entsprechend wenig bleibt auf den Tellern liegen. Doch haben sich im Laufe der Jahre die Essgewohnheiten der Schülerinnen und Schüler verändert. Blieben anfangs von drei Kilogramm Rote Beete noch Reste übrig, so reichen heute zehn Kilogramm kaum noch für die Salatportion. Rudolf Steiner sprach davon, dass wir dafür sorgen sollen, unsere Instinkte zu bewahren – zu essen, was uns schmeckt und was uns gut tut – dafür sorgen wir mit einem gesunden Angebot.

In der 7. Klasse gibt es in der Waldorfschule eine Epoche zum Thema Lebensmittelchemie. In dieser Altersstufe beginnt in der Windrather Talschule die Mitarbeit der Schüler und Schülerinnen beim Kochen. Was hat das Kochen mit Chemie zu tun? Warum kleben geriebene Kartoffeln beim Braten zusammen? Und was macht den Unterschied aus, wenn Salatsoße mit oder ohne Senf hergestellt wird? Wenn der Chemielehrer mir diese Fragen stellt und der Koch mir dabei hilft, den Antworten auf die Spur zu kommen, verlässt der Wissenschaftler seinen Elfenbeinturm, der Handwerker erhält seine verdiente Wertschätzung und das Arbeitsleben neuen Sinn.

Soziales

Wer in die Küche und in den Speisesaal der Windrather Talschule kommt, trifft meistens auf Menschen, die sich dort aufhalten. Sie sprechen, arbeiten und essen hier gemeinsam. Hier begegnen sie sich auf Augenhöhe und unter anderen Bedingungen als im Klassenzimmer. Hier wird auch über Fußball, den neuesten Film oder die Familie gesprochen. Hier gibt es einen Lebensraum, in dem das Verstehen, der soziale Umgang und die Achtsamkeit gestärkt werden. Darf man sagen, dass hier das Zentrum unserer Schule ist?

Schulküche Windrather Talschule

Das Projekt: Schulküche

Ort: Windrather Talschule, Velbert

Aktivität: Gesunde Ernährung gemeinsam zubereiten

Kontakt: Anette Walzberg / Ruben von Schwanenflügel

Fotos: Autoren

Internet: ➤ Windrather Talschule

Resilienzförderung durch:

  • Regelmäßiges Frühstück für alle
  • Essen in Bio-/Demeter-Qualität
  • Beteiligung von Schülern aus unterschiedlichen Klassenstufen (1-10) an der Gemeinschaftsverpflegung
  • Schulküche als sozialer "Wärmeort"
  • Schulküche als "Unterrichtsraum"
  • Positive Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten
  • Interdisziplinärer Unterrichtsansatz (z.B. Kochen und Chemie)