Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche
Die Resolutionen des Ärztetages, der Ende Mai 2022 in Bremen stattfand, sind im offiziellen Beschlussprotokoll nachzulesen. Unter anderem heißt es darin "auf Antrag des Vorstandes":
"Der 126. Deutsche Ärztetag stellt fest: Bereits vorhandene Problemlagen von Kindern und Jugendlichen wurden im Verlauf der Corona-Pandemie verstärkt und medizinische Versorgungslücken deutlicher sichtbar. In Abhängigkeit vom sozioökonomischen Status werden insbesondere die psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie für Kinder und Jugendliche auch noch in den nächsten Jahren Spuren hinterlassen."
Insbesondere verabschiedet sich der Ärztetag von "flächendeckenden Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Schulen". In der entsprechenden Resolution heißt es:
"Pandemiebedingte flächendeckende Schließungen von Kindertageseinrichtungen und Schulen müssen künftig vermieden und dürfen nur in extremen Krisensituationen in Erwägung gezogen werden."
"Das Wohl und die Meinung von Kindern und Jugendlichen sind bei allen sie berührenden Maßnahmen und Entscheidungen adäquat zu berücksichtigen sowie umfassende Sofortmaßnahmen zu finanzieren."
"Rückblickend" wird kritisiert, dass die Coronaschutzmaßnahmen zu Lasten von Kindern und Jugendlichen ausfielen:
"Insbesondere rückblickend lässt sich feststellen, dass die Coronavirusschutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche vornehmlich dem Schutz der älteren Generation und bestimmter vulnerabler Gruppen dienten. Die Pandemie belastete Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichsten Gründen besonders stark und aufgrund der sensiblen Entwicklungsphasen dieser Lebensabschnitte in besonderer Weise."
Und dies, obwohl inzwischen klar sei, "dass eine durch SARS-CoV-2-Infektion resultierende COVID-19-Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen ohne relevante Vorerkrankungen zum ganz überwiegenden Teil mild verläuft."
Weiter heißt es über die Folgen der Pandemie und der verhängten Maßnahmen:
"Monatelang fehlender Präsenzunterricht, Homeschooling, die Reduzierung bzw. das Verbot von Sport- und Freizeitangeboten und hieraus resultierender übermäßiger Medienkonsum, Änderungen im Ernährungs- und Bewegungsverhalten, die Auseinandersetzung mit Tod und Krankheit von Angehörigen, aber auch Arbeitsplatzverlust und existenzielle Ängste der Eltern, hatten und haben einen starken, negativen Einfluss auf die Entwicklung von Heranwachsenden. Studien belegen bereits eine deutliche Zunahme psychischer Auffälligkeiten und Erkrankungen in dieser Altersgruppe (vgl. COPSY-Studie). Dazu zählen u. a. Ängste, depressive Symptome bis hin zu Suizidalität, Essstörungen, Suchtprobleme und diverse Entwicklungsdefizite und -verzögerungen (sprachlich, kognitiv, körperlich). Die aus diesem Gesamtkomplex resultierenden Belastungen für Kinder und Jugendliche sind zusätzlich in Abhängigkeit des sozioökonomischen Status mehr oder weniger stark ausgeprägt und können soziale Ungleichheiten weiter verstärken."
Das Deutsche Ärzteblatt berichtete über den Kongress unter dem Titel: "Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Coronapandemie: Die Schulschließungen waren für die meisten Kinder toxisch". Es zitierte u.a. einen Vortrag des Direktors der Universitätsklinik Hamm für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Prof. Dr. Martin Holtmann, über die Auswirkungen der Pandemie-Maßnahmen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Laut Holtmann zeige sich "ein deutlich höheres Level an psychischen Belastungen als vor der Pandemie". "Depressionen" würden "deutlich häufiger diagnostiziert. Bei Essstörungen sei ein Anstieg von 30 bis 40 Prozent zu verzeichnen. Auch Angst- und Zwangserkrankungen hätten zugenommen. Im Auge behalten müsse man auch die dysfunktionale Mediennutzung, die in der Pandemie angestiegen sei. Verdoppelt habe sich insbesondere bei den Jungen die Medienabhängigkeit. Zugenommen hätten seit Sommer 2021 auch die akuten Notfälle in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, ebenso seien mehr stationäre Einweisungen zu verzeichnen."
Kitas und Schulen müssten "›bei einer möglichen nächsten Coronawelle offen bleiben‹, appellierte der Kinder- und Jugendpsychiater an die Politik", so das Ärzteblatt.