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Gefühl der Vereinsamung und Depression

| Redaktion

Jeder vierte in Deutschland fühlt sich einsam – bei Menschen mit Depression jeder zweite.

Obwohl jüngere Erwachsene (18-59) in der Regel über mehr Sozialkontakte verfügen als ältere, fühlen sie sich einsamer. Jeder vierte unter den Jüngeren fühlt sich sehr einsam. Dieses Gefühl ist oft auch unabhängig von der Zahl der tatsächlichen Sozialkontakte.

Bei Menschen mit Depression berichtet sogar jeder Zweite vom Gefühl großer Einsamkeit. Gründe dafür liegen im krankheitsbedingten sozialen Rückzug. Aber selbst bei zahlreichen Sozialkontakten geht die Erkrankung mit dem Gefühl des Abgeschnittenseins und der völligen Isolation einher. Ein Großteil der Betroffenen erfährt aus dem persönlichen Umfeld dennoch Unterstützung bei der Bewältigung der Depression.

Das zeigt das heute veröffentlichte 7. Deutschland-Barometer Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Die Befragung untersucht jährlich Einstellungen und Erfahrungen zur Depression in der erwachsenen Bevölkerung. Befragt wurde im September 2023 ein repräsentativer Bevölkerungsquerschnitt aus 5.196 Personen zwischen 18 und 69 Jahren. Die Studie wird gefördert von der Deutsche Bahn Stiftung gGmbH.

Jeder vierte Bundesbürger fühlt sich sehr einsam

25 % der erwachsenen Bevölkerung berichten, sich sehr einsam zu fühlen. Dieses subjektive Erleben ist zu einem großen Teil unabhängig von der tatsächlichen Zahl der Sozialkontakte. Deutlich wird dies besonders bei älteren Menschen: 40 % der Älteren (60-69 Jahre) geben an, nur wenige Sozialkontakte (0 bis 4 Sozialkontakte an einem durchschnittlichen Wochentag) zu haben. Bei den Jüngeren (18-59 Jahre) fällt der Anteil der Befragten mit so wenigen Sozialkontakten mit 22 % deutlich geringer aus. Trotz der geringeren Zahl an Sozialkontakten berichten ältere Menschen seltener, sich sehr einsam zu fühlen (21% der Älteren versus 26 % der Jüngeren).

Menschen mit Depression fühlen sich doppelt so häufig einsam

Bei Menschen, die gerade an Depression erkrankt sind, geben doppelt so viele wie in der Allgemeinbevölkerung an, sich sehr einsam zu fühlen (53% der depressiv Erkrankten versus 25 % in der Allgemeinbevölkerung). Ein Großteil der Erkrankten (84%) beschreibt auch das Gefühl, in der Depression wie abgetrennt von der Umwelt zu sein.

In einer depressiven Krankheitsphase berichten mehr als die Hälfte der Betroffenen (58%) nur sehr wenige Sozialkontakte (0 bis 4 Sozialkontakte an einem durchschnittlichen Wochentag) zu haben, in der Gesamtbevölkerung sind es nur halb so viele (26 %). Dies ist jedoch keine Erklärung für das Gefühl tiefer Einsamkeit in der Depression, denn auch depressiv Erkrankte mit guten Sozialkontakten (mehr als 4 Sozialkontakte/Tag) berichten deutlich häufiger, sich sehr einsam zu fühlen (43% der Depressionspatienten versus 21% in der Gesamtbevölkerung).

Freunde und Familie wichtige Hilfe für Menschen mit Depression

Trotz der empfundenen Einsamkeit gibt ein Großteil (82%) der Erkrankten an, Unterstützung bei der Bewältigung der Depression im privaten Umfeld zu bekommen. Freunde und Angehörige geben diesen erkrankten Menschen dann vor allem das Gefühl, nicht alleine zu sein (96%) und hören zu, wenn die Betroffenen jemanden zum Reden brauchen (95%).

Darüber hinaus verhindert das Umfeld auch, dass sich eine Person völlig zurückzieht (87%) und ermutigt den Betroffenen, sich professionelle Hilfe zu holen (81%).

Einsamkeit: Folge und nicht Ursache der Depression

Fast alle Bundesbürger (94%) glauben, Einsamkeit und soziale Isolation sei ein Auslöser der Depression.

Dazu Professor Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe:

Oft wird übersehen, dass Depressionen mehr als eine Reaktion auf schwierige Lebensumstände sind, sondern eine eigenständige Erkrankung. Das Gefühl der Einsamkeit ist ein Symptom der Depression und weniger deren Ursache.

Hierzu passt, dass die Älteren trotz geringerer Sozialkontakte weniger häufig berichten, sich in einer depressiven Krankheitsphase zu befinden. So gaben 5% der älteren Befragten zwischen 60 und 69 Jahren an, aktuell in einer depressiven Krankheitsphase zu sein, bei den Befragten bis 59 Jahre lag der Anteil der Depression mit 7% höher. "Entscheidend für das Auftreten einer Depression ist die Veranlagung. Diese kann vererbt oder z.B. durch Traumatisierungen in der frühen Kindheit erworben sein", betont Psychiater Hegerl.

Informationen und Hilfe bei Depression unter:

Quelle